Wohlfühloase für Trockensteher und Vorbereiter | Dr. Dekker

"Als Tierarzt und Fütterungsexperte treffe und besuche ich viele verschiedene Landwirte in verschiedenen Regionen und Ländern." Sagt Dr. Dekker.

Letztes Jahr im Sommer besuchte ich einen Milchviehbetrieb in Niedersachsen. Dieser Betrieb lag umgeben von grünen Wiesen. Auf den Wiesen standen ein paar großrahmige Holstein Kühe. Nach einer kurzen, aber herzlichen Begrüßung durch den Landwirt starteten wir direkt mit dem Betriebsrundgang. Begonnen haben wir beim Melkstand. Hier stand ein Melkkarussell mit 40 Plätzen. Es wurden gerade die Frischmelker, die dreimal täglich gemolken werden, das zweite Mal gemolken. Die Kühe, die auf dem Karussell ihre Runde drehten, standen dort sehr entspannt und die Tiere im Wartehof warteten geduldig, bis sie an der Reihe waren.

Wohlfühloase für Trockensteher und Vorbereiter

Der zweite Bereich, den wir uns angeschaut haben und der meines Erachtens nach das Highlight des Betriebes war, war der Vorbereiter und Abkalbebereich, welcher an den Melkbereich angegliedert war. So stellte ich mir den perfekten Bereich für Trockensteher und Vorbereiter vor. Die Trockenstehtzeit wurde auf dem Betrieb zweiphasig gestaltet. Die Frühtrockensteher standen in einem großzügig gestalteten Einreiher mit Zugang zur Weide. Die Weide wird nach Wetter und Bedarf genutzt sagte der Betriebsleiter. Seine aussage wird mir lange im Kopf bleiben – „Ich sehe die Trockenstehzeit als Urlaub für unsere Kühe, welche die gesamte Laktation über Hochleistungssport betrieben haben. Wir melken um Durchschnitt 12800kg Milch pro Kuh und Jahr, da gebe ich Ihnen in der Zeit vor dem Kalben das zurück, was sie während ihrer Laktation geleistet haben. Die Investition in diesem Bereich sind groß gewesen und mögen auf den ersten Blick unwirtschaftlich aussehen. Aber was ich hier in der Phase richtig mache, geben mir die Kühe in Leistung, Gesundheit und Fruchtbarkeit zurück“. Die zweite Phase des Trockenstehens verbringen die Kühe für 21-28 Tage in festen Abkalbegruppen. Dafür baute der Betriebsleiter fünf gleich große Gruppen für je 8 -10 Tiere. Einmal die Woche werden die Kühe die in den nächsten 21 Tagen Kalben in eine Gruppe zusammengefasst. Im hinteren Bereich befindet sich eine großzügig, mit Stroh eingestreute Liegefläche.

Zusätzlich befand sich dahinter noch ein Treibgang direkt zum Melkstand. So konnte aus jeder Gruppe eine abgekalbte Kuh direkt zum Melken getrieben werden. Was mich besonders beeindruckt hat, war die gesamt durchdachte Umwelt der Kühe. Im vorderen Bereich war für jede Kuh mindestens ein Fressplatz vorgesehen, in der Mitte war eine offene Tränke, die von allen Seiten zu erreichen war. Diese beiden Punkte sind sehr wichtig, um hohe Futteraufnahmen bis kurz vor dem Kalben zu generieren. Der Betriebsleiter erklärte mir, dass die festen Gruppen unglaublich viel Ruhe in diesen Bereich gebracht haben und die Abkalbeergebnisse sich deutlich verbessert haben. Die Kühe Kalben in Ihren festen Gruppen meist ohne Hilfe, komplett allein.

Hitzestress im Fokus

Zusätzlich hatte der Betriebsleiter auf einer Exkursion in den USA gelernt, dass sich Hitzestress auf die Trockensteher und Vorbereiter negativ auswirkt. Somit wurden direkt nach seiner Rückkehr Ventilatoren in dem Bereich installiert, sodass ein permanenter Luftaustausch stattfindet. In den USA wird die Lüftung nicht nur über die Temperatur, sondern ebenfalls über die Luftfeuchtigkeit gesteuert. Diese Kennzahl nennt man THI. Die Kombination aus Temperatur und Luftfeuchtigkeit beschreibt den Hitzestress der Kühe am besten. Es kann passieren das sich bereits bei 22°C und hoher Luftfeuchtigkeit die Ventilatoren einschalten, um Hitzestress der Tiere vorzubeugen. Noch völlig fasziniert gingen wir weiter in den Bereich der melkenden Kühe. Es gab eine Färsengruppe die nur zu 80% belegt wird, um den Tieren den bestmöglichen Start in die Laktation zu gewährleisten. Egal wo wir hingingen und uns umschauten, konnten wir feststellen das die Prinzipien aus dem Bereich der trockenstehenden Kühe überall Einzug gehalten haben. Der Betriebsleiter erklärte, dies sei sein Konzept zum Erfolg – gib den Kühen Platz, Luft, Wasser, gutes Futter und behandle sie so wie du auch behandelt werden möchtest – Sie werden es dir mit viel Milch danken.